DER MIETERSCHUTZ

Der Mieterschutz war eine bestimmende Komponente und vielleicht die wichtigste Voraussetzung für die spätere sozialdemokratische Gemeindearbeit und damit die Grundlage der Wohnbautätigkeit.

Die Wurzeln des Mieterschutzes sind während des 1. Weltkriegs zu finden. Nach dessen Ausbruch begann sich in jeder Hinsicht die materielle Lage der österreichischen Arbeiter zu verschlechtern. Preise für alle wichtigsten Gebrauchsgüter stiegen ungemein an. Die Erhöhung der Nominallöhne blieben dem gegenüber unzureichend, sodass der Reallohn sank. Die Bestimmung über Sonn- und Feiertagsruhe, das Verbot der Nachtarbeit für Frauen und Jugendliche, das Streikrecht, die Begrenzung der Arbeitszeit, usw. All diese sozialen Errungenschaften der Arbeiterbewegung wurden einfach innerhalb von Tagen weggefegt. Die Volksgesundheit verschlechterte sich durch Nahrungsmangel enorm. Der 1914 zwischen Regierung und der sozialdemokratischen Partei plus Gewerkschaften beschlossene Burgfrieden begann brüchig zu werden, da in großen Teilen der Arbeiterschaft die Bereitschaft wuchs, gegen Hunger und verschärfte Ausbeutung zu kämpfen und sich mittels Streik zur Wehr zu setzen. Die private Bautätigkeit stockte, da das Kapital in Sparten wie der Kriegsindustrie rentabler angelegt werden konnte. Die gesteigerte Nachfrage, auch durch den Zustrom von Flüchtlingen aus den Frontprovinzen, der fast kein Angebot gegenüberstand, löste zwangsläufig eine Zinssteigerung aus. Es mehrten sich die Kündigungen, Die Zustände waren unerträglich. Dennoch hielt sich die Regierung fast 3 Jahre passiv.

1916/1917 setzte aufgrund des Unmuts der Bevölkerung eine revolutionäre Situation ein. Darauf folgten einige Beschwichtigungsmaßnahmen wie Gründung sozialer Einrichtungen für das Volk und unter anderem auch die am 26. Jänner 1917 erlassene kaiserliche „Verordnung über den Schutz der Mieter“.

Die 1. Mieterschutzverordnung brachte eine Einschränkung des Kündigungsrechts, außerdem wurde bis auf wenige wichtige Gründe die willkürliche, nicht gerechtfertigte Erhöhung des Mietzinses ausgeschlossen. Als Kontrollorgane wurden Mietämter eingerichtet. Diese Verordnung wurde als Notgesetz erlassen und war mit 31. Dezember 1918 befristet.

Am 20 Jänner 1918 wurde der Mieterschutz in einer 2. Verordnung der Mieterschutz erweitert. Sie dehnte den Schutz gegen Delogierung auf alle Wohnungen und Geschäftslokale unabhängig von der Höhe des Mietzins aus und war ebenfalls bis Ende 1918 befristet.

Am 26. Oktober 1918 im Zerfall der Donaumonarchie, erfolgte die 3. Verordnung über den Mieterschutz. Diese war nicht mehr zeitlich beschränkt und war zum Mietrecht geworden. Die wesentlichen Erneuerungen waren:

-    Das Verbot des Annehmens von Wohnungsablösen

-    durch den Hausherren Gebühren für die dem Untermieter zur Verfügung gestellten Möbel und        Dienste musste angemessen sein

Mit Österreich wurde der Mieterschutz in praktisch allen kriegsführenden Ländern (auch in neutralen) früher oder später eingeführt. Doch wurde er in den anderen Städten nach Kriegsende bis auf wenige Reste beseitigt, während er bei uns in seiner Form verblieb und am 1. Mai 1922 als Bundesgesetz verankert wurde. In Österreich allein ist das Mieterschutzgesetz noch in seiner ursprünglichen Strenge in Geltung. Unter anderem ist eine Ausnahme in alle Mieterschutzverordnungen wiederzufinden: Häuser, für die die Baubewilligung nach dem 27. 12. 1917 erteilt worden war, waren von den Mietzinsbeschränkungen ausgenommen. Diese Ausnahme setzte sich bis zur Schaffung des Mieterrechtgesetzes 1981 fort!